Studie zur Schulfähigkeit von Waldkindergartenkindern,
von Dr. Peter Häfner vorgestellt
Besseres Abschneiden bei Kreativität, Konzentration, Mitarbeit im Unterricht und Sozialverhalten
Spätestens seit dem schlechten Abschneiden deutscher Kinder bei der Pisa-Studie ist Bildung ein Thema. Wie soll der Nachwuchs gefördert werden, welche Schule ist die richtige? Mitunter fängt das Problem noch früher an – mit der Wahl des richtigen Kindergartens. „Viele Eltern ziehen einen Waldkindergarten in Betracht, haben aber Angst, ob diese Einrichtung die Kleinen tatsächlich schulfähig macht“, berichtet der Diplompädagoge und Grundschullehrer Dr. Peter Häfner, der sich dieser Frage in seiner Promotion angenommen hat. Bei einer Info-Veranstaltung der Waldkindergärten Bad Friedrichshall, Neckarsulm, Heilbronn, Nordheim und Brackenheim im Café Oase in Heilbronn konnte er rund 90 interessierte Eltern beruhigen: „Ein Waldkindergarten bereitet meist besser auf die Schule vor als sogenannte Regelkindergärten.“
344 Erstklässler aus acht Bundesländern ließ der Erziehungswissenschaftler von ihren Lehrern bewerten, 230 von ihnen waren Absolventen eines Waldkindergartens, der Rest hatte Regelkindergärten besucht. „Nach Überzeugung der Pädagogen konnten sich Waldkindergartenkinder in der Schule besser an Regeln halten, besser ihren Standpunkt vertreten, waren kreativer und fantasievoller und weniger aggressiv“, fasste er das Ergebnis seiner Doktorarbeit zusammen, die er 2003 an der Uni Heidelberg abgeschlossen hat.
Dabei habe diese Gruppe ihre Klassenkameraden vor allem in den Bereichen Mitarbeit im Unterricht, Sozialverhalten, Motivation und Konzentration deutlich übertrumpft – wobei gerade Mädchen Spitzenwerte erzielten. „Wahrscheinlich hat dieses gute Abschneiden der Kinder mit der intensiveren Betreuung zu tun. Im Waldkindergarten stehen den Kindern im Schnitt mehr Erzieher zur Seite, als dies im Regelkindergarten der Fall ist. Zudem müssen die Kleinen kreativer sein, da ihnen kein Spielzeug zur Verfügung gestellt wird“, sagte Häfner.
So gut die Waldkindergartenkinder bei der Studie abschnitten, auf Nachteile wurde auch hingewiesen. So schneiden sie beispielsweise bei der Feinmotorik, im Schreibunterricht sowie beim Unterscheiden von Farben, Formen und Größen schlechter ab als ihre Altersgenossen aus Regelkindergärten. Er schlägt vor, die spezielle Schulung dieser Punkte als festes Element in den Waldkindergarten aufzunehmen (Anmerkung von uns: Bei uns gibt es Buntstifte, Wasserfarben, Scheren usw., bei uns wird die Feinmotorik gefördert).
Außer Acht gelassen wurde der Einfluss des sozialen Standes der Eltern oder die Zahl der Geschwister. „Es gibt Faktoren, die eine Rolle spielen können, ich aber nicht berücksichtigen konnte“, erklärt der Pädagoge, der alles in allem eine Lanze für den Waldkindergarten brach.
—————————-
Auszug aus unserer Konzeption
Förderung der Schulfähigkeit
Schulfähigkeit bedeutet, neue und unbekannte Anforderungen aufgrund einer stabilen Selbstsicherheit neugierig und angstfrei aufzugreifen und mit Interesse und Konzentration nach einer Lösung zu suchen und diese zu finden. In diesem Sinne werden den Kindern Möglichkeiten geboten, gerade im letzten Kindergartenjahr sich besonders auf die Anforderungen der kommenden Schulzeit einzustellen.
Das, was man von Vorschulkindern erwartet, wird tagtäglich trainiert, aber auch die gezielte Vorschularbeit hat im Wald- und Naturkindergarten einen festen Platz. Die Themen, die in den Vorschulstunden bearbeitet werden, richten sich nach den Bedürfnissen und Vorlieben der Kinder. Es wird das behandelt, was die Kinder besonders interessiert, aber es wird auch das geübt, was ihnen noch Schwierigkeiten bereitet.
Es ist eine Tatsache, dass Menschen und ganz besonders Kinder ganzheitlich am besten und einfachsten lernen. Auch im neuen baden-württembergischen Bildungsplan für Grund- und Hauptschulen hat man versucht, dies stärker zu berücksichtigen. Unsere Kinder sollen mit allen Sinnen lernen können! Wo können Drei- bis Sechsjährige dies besser als im Wald- und Naturkindergarten?
————————————
Resümee von Dr. Peter Häfner
„Das Aufwachsen der Kinder in der heutigen Zeit ist mit dem Aufwachsen ihrer Elterngeneration kaum noch zu vergleichen. Die Kinder werden zunehmend vom Außenraum als offenen Spiel- und Erlebnisort verdrängt, sie ziehen sich zum Spielen überwiegend in geschlossene Räume, sprich in Wohnungen, zurück. Hier bietet der Waldkindergarten optimale Bedingungen, Raum für Kinder zur Verfügung zu stellen.
Im Waldkindergarten stehen verstärkt reformpädagogische Grundzüge wie die Förderung der Eigenverantwortlichkeit, ganzheitliches und entdeckendes Lernen, die Umwelterziehung und das Lernen aus praktischer und sozialer Anschauung im Vordergrund. Dies sind hochgelobte Eigenschaften, deren Förderung in der breiten Schullandschaft seit Beginn der reformpädagogischen Bewegung Anfang des vergangenen Jahrhunderts immer noch auf sich warten lässt. Eines jedoch sollte auf jeden Fall klar gesehen werden: Je mehr sich die Schule in Richtung der Förderung von Verantwortlichkeit, Eigenständigkeit und Individualität unserer Kinder entwickeln muss, desto höher ist auch der Stellenwert, der den Waldkindergärten im Hinblick auf die vorschulische Vorbereitung unserer Kinder beizumessen ist.
Waldkindergartenkinder fügen sich im Durchschnitt leichter in eine Gruppe ein, sind rücksichtsvoller gegenüber anderen Kindern, lösen auftretende Konflikte friedlicher und zeigen weniger aggressives Verhalten. Ferner sind die Kinder untereinander während ihres Aufenthaltes im Wald viel mehr auf gegenseitige Hilfe angewiesen. Dies wirkt sich natürlich positiv auf die Kooperations- und Teamfähigkeit der Kinder aus. Sicherlich sind solche positiven Verhaltensweisen nicht zuletzt auf den sehr guten Personalschlüssel in einem Waldkindergarten zurückzuführen. So hat durchschnittlich jede einzelne Betreuungsperson definitiv mehr Zeit für ein Kind. Daneben trägt der Verzicht auf standardisiertes Spielzeug dazu bei, dass die Kinder mehr auf verbaler Ebene miteinander kommunizieren müssen. Das wiederum fördert nicht nur eine vielschichtige Ausdrucksweise, sondern hat auch positive Auswirkungen auf das Verhalten im Umgang mit den anderen Kindern der Gruppe.
Wenn ich die Ergebnisse meiner Untersuchung zusammenfasse, so kann ich feststellen, dass die Kinder, die einen Waldkindergarten besucht haben, eine hoffnungsvolle Schülergruppe darstellen. Im Schnitt verfügen sie über eine eloquente Ausdrucksweise und zeichnen sich beispielsweise auch im musischen Bereich durch hohe Leistungsfähigkeit aus. Sowohl hinsichtlich Fantasie und Kreativität als auch der Mitarbeit im Unterricht, dem sozialen Verhalten und ihrer Motivation bringen sie beste schulische Voraussetzungen mit.“